Mario Venzago in Bern 2010-2021
Während seiner Jahre als Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Berner Symphonieorchesters hat Mario Venzago das Berner Musikleben geprägt wie kaum jemand vor ihm.
Ein Resümee
Während seiner Jahre als Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Berner Symphonieorchesters hat Mario Venzago das Berner Musikleben geprägt wie kaum jemand vor ihm.
Ein Resümee
Ligetis Violinkonzert im Neujahrskonzert zu programmieren und spielen (und hören!) braucht Courage und Kühnheit. Mario Venzago und das BSO haben das Unmögliche vollbracht und das Publikum rutschte unbetrübt in das Neue Jahr. Bis heute ein einmaliges planetarisches Ereignis.
Mario ist eine wahre Inspiration. Man erlebt nicht eine einzige Probe mit ihm, in der man nicht neue musikalische Wege entdeckt. Er hat eine ganz besondere Art aus Noten Poesie zu kreieren und mit einem unendlichen Spektrum an Farben und Schattierungen zu arbeiten. Sein musikalischer Ausdruck wird für mich immer eine wichtige Inspirationsquelle sein.
Lieber Mario,
wie wundervoll, Dich als Freund und Kollegen kennen zu dürfen! Jede unserer Begegnungen war für mich besonders und unvergesslich. Bern, Berlin, Breslau, sogar bis nach Finnland hat’s uns verschlagen (wo auch unser sehr amüsanter Rentier-Abend in Helsinki hervorzuheben ist). Unsere Konzerte waren immer Highlights für mich, Dein Charme, Dein Humor und Deine Musikalität sind einfach ansteckend! Und natürlich hat es deshalb immer so gut funktioniert, weil wir auch farblich tief miteinander verwurzelt sind: Dein roter Schal und mein roter Cellokasten! In diesem Sinne, alles Gute für die Zukunft und auf bald! Dein Max
Lieber Mario,
ich habe gehört, dass Du zum Ende der Spielzeit das Berner Symphonieorchester verlassen wirst und wollte daher nicht versäumen, Dir zu danken und für alles Kommende nur das Beste zu wünschen. Mögen viele wunderbare Aufgaben auf Dich warten.
Ich persönlich denke unheimlich gern an zwei schöne Konzerte im Juni 2019 zurück, in denen wir Brahms’ «Alt-Rhapsodie» und Regers «An die Hoffnung» aufführten. Ich freute mich besonders über unser Wiedersehen und das gemeinsame Musizieren.
Bleibt mir auf ein Wiedersehen anderswo zu hoffen. Alles Liebe und eine feste Umarmung, Claudia
Mario Venzago vereint Ernst und Lustigkeit auf unnachahmliche Weise und ist auch gleichzeitig fordernd und verständnisvoll.
Er liebt nicht alle Musik, aber für die Komponisten, die er liebt, tut er alles, auch gegen Widerstände, wenn es sein muss.
Seine Interpretationen machen es Musikern und auch Zuhörern nicht immer leicht, aber im besten Fall möchte man die Stücke nie mehr anders hören.
Seine Fähigkeit, dem Publikum ein Werk in wenigen Sätzen näherzubringen und die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken, ist einmalig.
Vieles aus der Zeit mit Mario Venzago beim Berner Symphonieorchester wird mir in lebendigster Erinnerung bleiben: seine auf enormem Wissen gegründeten und dennoch im Moment neu und spontan empfundenen Interpretationen, der grosse Mut zum vollständig Unkonventionellen, die Unbefangenheit auch Irrtümer in Kauf zu nehmen („nur wer eine Meinung hat kann diese auch ändern!“), seine luzide Denkweise, die den meisten Gesprächspartnern immer bereits einige Schritte voraus ist, seine meisterhaften Moderationen und die Art, zwischen ernsthaftesten Dingen und abgründigem Humor gekonnt zu jonglieren und nicht zuletzt seine warmherzige Empathie, die - wo es ihm richtig und wichtig erscheint - zu freundschaftlichster Unterstützung werden kann.
Es war mir eine sehr grosse Ehre, unter der Leitung von Mario Venzago als Chef des Berner Symphonieorchester spielen zu dürfen, und ich erlebte die Proben und Konzerte immer als äusserst bereichernd und auch sehr inspirierend. Seine fürsorgliche Empathie für das Wohl seiner Musiker*Innen, seine überrragende Eloquenz, seine unnachahmlichen Moderationen und sein oft auch schräger Humor, manchmal im charmanten „Wortduell“, wo man/frau meist den Kürzeren zieht, lassen mich einen wundervollen Menschen sehr vermissen!!
Marios erstes Konzert als Chefdirigent des BSO im September 2010 war ein Galakonzert. In der ersten Probe trat er vor das Orchester und sagte: «Ich bin ganz aufgeregt und freue mich wie ein kleiner Junge an seinem ersten Schultag.» Ich der Pause suchte ich den Maestro dann in seinem Dirigentenzimmer auf sagte ihm, dass es auch «mein erster Schultag» sei. Etwas erstaunt über den nicht mehr ganz jungen «Mitschüler» erkundigte er sich über meinen Werdegang, und wir stellten fest, dass wir beide viele gemeinsame Bekannte aus unserer (zeitversetzten) Luzerner Vergangenheit hatten. Dass wir schon bald auch abseits der Bühne in verschiedenen BSO-Gremien eng zusammenarbeiten würden, hätte ich damals nicht erwartet. Dank seiner respektvollen und gleichzeitig engagierten Art erlebte ich die «Ära Venzago» im BSO als menschlich wie musikalisch äusserst bereichernd.
Mario Venzago,
ein Dirigent, so spannend und reichhaltig wie die Flora und Fauna im Regenwald Amazoniens.
Mario Venzago, ein Mensch, mit einem Herzen so gross wie die Sonne.
Ein Suchender. Mit keinem anderen Dirigenten habe ich so viel neues Repertoire entdecken dürfen wie mit Mario Venzago. Immer wieder hat er Unbekanntes ausgegraben, Altes neben Neues gestellt, überraschende Bezüge geschaffen, aber auch musikgeschichtliche Linien aufgezeigt. So entstanden Programme mit einer besonderen Dringlichkeit, Programme, die wirklich zum Publikum sprachen, in der Tradition verankert und zugleich in der Gegenwart stehend.
M usikalisch
A gogisch
R ührend
I deenreich
O riginell
–
V oller Einsatz
E hrendirigent
N achhaltig
Z ielstrebig
A ktiv
G rosszügig
O rchesterliebend
Grosse Kunst entsteht dort, wo man den sicheren Grund verlässt und gezwungen wird, zu fliegen. Zu diesem Fliegen hat uns Mario Venzago in Proben und Konzerten immer wieder gebracht. Sein Brennen für die Musik, die er atmen lässt und die vom Leben erzählt, sein unermüdlicher Einsatz für unser Orchester und die Wertschätzung, die er uns Musikerinnen und Musikern zukommen lässt, beeindrucken mich zutiefst.
„Bern war die glücklichste Entscheidung meines Lebens“ sagt Mario Venzago und strahlt dabei. Obschon er am Anfang glaubte, nach Indianapolis wäre es ein Abstieg. Aber dann flog ihm in Bern alles zu: die Chemie mit dem Orchester stimmte, die Berner*innen kamen wieder mehr ins Konzert und waren gwundrig auf Neues und auch die Zusammenarbeit mit Behörden und Sponsoren lief viel besser als gemeint.
In fünf kurzen Filmen (aufgenommen von Gabriela Kaegi) schaut Mario Venzago auf seine elf Jahre in Bern zurück, erzählt von seinen Anfängen, was er an diesem Orchester liebt, was er an der Stadt liebt – und warum er, jetzt bei seinem Abschied, lieber doch keinen Koffer hier stehen lässt.
Im ersten Film (mp4 70 MB) erzählt er von seiner Ankunft und seinen Visionen im Gepäck.
„Bern war die glücklichste Entscheidung meines Lebens“ sagt Mario Venzago und strahlt dabei. Obschon er am Anfang glaubte, nach Indianapolis wäre es ein Abstieg. Aber dann flog ihm in Bern alles zu: die Chemie mit dem Orchester stimmte, die Berner*innen kamen wieder mehr ins Konzert und waren gwundrig auf Neues und auch die Zusammenarbeit mit Behörden und Sponsoren lief viel besser als gemeint.
In fünf kurzen Filmen (aufgenommen von Gabriela Kaegi) schaut Mario Venzago auf seine elf Jahre in Bern zurück, erzählt von seinen Anfängen, was er an diesem Orchester liebt, was er an der Stadt liebt – und warum er, jetzt bei seinem Abschied, lieber doch keinen Koffer hier stehen lässt.
Im zweiten Film (mp4 100 MB) erzählt er, wie Musik sein Leben kompliziert gemacht hat – und warum er sie dennoch zum Leben braucht.
aus dem 20. Jahrhundert. Mario Venzago über Honegger, Schönberg und andere
Ein Gespräch mit Doris Lanz
Elf Jahre war Mario Venzago Chefdirigent des Berner Symphonieorchesters. Allein schon die Rahmendaten dieser Ära sind eindrücklich: Rund 250 Konzerte waren Chefsache, hinzu kamen sieben realisierte und zwei der Corona-Pandemie zum Opfer gefallene Opernproduktionen. Für die Orchesterkonzerte entwarf Venzago nahezu 130 unterschiedliche Konzertprogramme, die erfrischend viel Musik des 20. und 21. Jahrhunderts enthielten: In 70 Prozent der Programme tauchte mindestens ein Werk auf, das in den vergangenen 120 Jahren komponiert worden war. Häufiger waren es zwei oder drei Titel, und bisweilen wurde ein ganzer Konzertabend moderner oder zeitgenössischer Musik gewidmet. Wo liegen in diesem jüngeren Repertoire die ganz persönlichen Vorlieben? Mehr (PDF 128 kb)
Die vollendete «Unvollendete»
von Dorothea Krimm
von Thomas Gartmann
Dank seinem Wissensdurst, seiner unstillbaren Neugier, seiner Freude am Experimentieren wie auch am oft verblüffenden Neu- und Querdenken und nicht zuletzt dank seiner sprachlichen Eloquenz ist Mario Venzago ein idealer, weil immer anregender Gesprächspartner für die Musikwissenschaft. So habe ich es sehr genossen, fast über seine ganze Berner Zeit mit ihm Forschungsprojekte auszuhecken, durchzuführen oder auch nur zu diskutieren.
2012 bildete ein längeres Gespräch über Robert Schumann den Auftakt (siehe auch auf dieser Seite «Von Taktstrichen»). Der Komponist war ihm schon immer eine Herzensangelegenheit, so auch in Bern. Dessen Utopie-Charakter machte er dabei in der Aufhebung des Taktstrichs fest, im ständigen Rubato, aber auch in der Grossarchitektur und in der oft verkannten Orchestrierungskunst, dank der er Klaviermusik für Orchester schreiben konnte, mit sinfonischen Pedalen und Dämpfung.
Wie gelangen aus Spezialisten zusammengesetzte Teams zu Höchstleistungen? Für die Studie Hochleistungsteams in Musik und Wirtschaft erlaubte der Maestro 2014 grosszügig, seine Proben mit dem Orchester begleiten zu dürfen. In der Fallstudie zeigte sich, was die Qualitäten des Berner Symphonieorchesters und seines Dirigenten ermöglicht: Es wird sehr intensiv kommuniziert, die Musiker*innen bringen sich in die Diskussionen ein, und zwar nicht nur die Stimmführer, sondern auch auffallend stark deren Stellvertreterinnen. Die Stimmung ist gelöst, gefeilt wird vor allem an der Artikulation, an Farbe und Zusammenspiel: Spezialistenteams (hkb-interpretation.ch)
Eines der aufregendsten und heiss diskutierten Berner Projekte betraf «Das Schloss Dürande» von Othmar Schoeck. Schoecks letzte und umfangreichste Oper verfügt über teils wunderschöne und farbige Musik, krankt aber an einem politisch kontaminierten und literarisch verunglückten Libretto. In Szenarien zu einer interpretierenden Restaurierung wurde versucht, die Oper durch eine teilweise Neutextierung (Francesco Miceli) wieder bühnentauglich zu machen. Venzago passte in einem intensiven Prozess die Gesangstimmen an und setzte sich erfolgreich für eine Rehabilitierung der Oper ein, indem er sie auf den Prüfstein des Theaters setzte und die Aufführungen auch auf CDs festhielt: Klangbeispiel
Weil das Projekt eine künstlerisch kühne Lösung und keine historische anbot, gaben grössere Publikationen genaue Rechenschaft über das Tun: Zurück zu Eichendorff! und “Als Schweizer bin ich neutral”. Und Mario Venzago beteiligte sich engagiert an verschiedensten Diskussionsrunden: HKB10_197-216_Gartmann-Venzago-Micieli.pdf (bfh.ch) und SMZ_1703_Schloss-Durande.pdf (hkb-interpretation.ch)
In der Rückschau wurde er nochmals gefragt, ob man dies denn dürfe? Seine Antwort, so klar wie emphatisch: «Naiiiii, me muess!!!!»
Zum Schluss der Berner Ära Venzago plante das BSO eine Broschüre, in der auch ein ausführliches Interview mit dem Chefdirigenten stehen sollte. Unser Gespräch umkreiste wiederum ebenso unkonventionelle wie treffende Interpretationen sowie seine Repertoirepolitik. Nochmals wurde hier sehr deutlich, wie sehr ihm die Orchesterfamilie am Herzen lag – und wie stark er sein Wirken hier auch als Vermittlung eines gesellschafts-politischen Auftrags verstand. Tagelang gingen die Fragen und Antworten hin und her, als Perfektionist feilte er ständig an seinen Aussagen. Corona machte auch hier einen Strich durch die Rechnung, die Zeitungsbeilage unterblieb. Aber das Gespräch fand seinen Weg ins Internet: Interview-Gartmann-Mai-2020 (mariovenzago.com).
Oder lesen Sie das ganze Interview hier (PDF 109 kb)
„Bern war die glücklichste Entscheidung meines Lebens“ sagt Mario Venzago und strahlt dabei. Obschon er am Anfang glaubte, nach Indianapolis wäre es ein Abstieg. Aber dann flog ihm in Bern alles zu: die Chemie mit dem Orchester stimmte, die Berner*innen kamen wieder mehr ins Konzert und waren gwundrig auf Neues und auch die Zusammenarbeit mit Behörden und Sponsoren lief viel besser als gemeint.
In fünf kurzen Filmen (aufgenommen von Gabriela Kaegi) schaut Mario Venzago auf seine elf Jahre in Bern zurück, erzählt von seinen Anfängen, was er an diesem Orchester liebt, was er an der Stadt liebt – und warum er, jetzt bei seinem Abschied, lieber doch keinen Koffer hier stehen lässt.
Im dritten Film (mp4 107 MB) erzählt er über das Orchester, über die gemeinsamen Flugstunden und wo der Pilot sitzt.
von Dorothea Krimm
Stöbert man in Mario Venzagos Pressearchiv, fällt eines auf: Musikjournalisten, die seinen Orchesterklang in Worte zu fassen versuchen, verzichten weitgehend auf poetische Ausschweifungen. Wenn hier von «Prachtklang in Doppelrahmstufe», «Ketchup und Mayonnaise» die Rede ist, dann nur im Sinne der Abgrenzung: So eben nicht! Ansonsten zieht man knappe, klare Adjektive heran:
Linear, transparent, hell, schlank und biegsam, leuchtend, blühend, die lastende Schwere verlierend, warm und geerdet, glasklar, brennend, frei atmend, luftig, subtil, wach.
Der Orchesterklang gehört zu Venzagos zentralen Anliegen. Seine «Klangforschung am lebendigen Orchesterleib» kann mitunter zu einer «klingenden musikalischen Bewusstseinserweiterung» führen, wie die Presse attestiert. Oder, in seinen eigenen Worten:
«Dieser Klang ist der Klang von gestern, bevor das Vibrato überhandgenommen hat. Aber er ist auch der Klang von morgen… – Dieses fettige Zeug wird bald niemand mehr gernhaben. Dafür kämpfe ich.»
Von Taktstrichen, Rubati und ‹sinfonischen Pedalen›
Mario Venzago im Gespräch mit Thomas Gartmann über das Dirigieren von Robert Schumann Symponien.
„Bern war die glücklichste Entscheidung meines Lebens“ sagt Mario Venzago und strahlt dabei. Obschon er am Anfang glaubte, nach Indianapolis wäre es ein Abstieg. Aber dann flog ihm in Bern alles zu: die Chemie mit dem Orchester stimmte, die Berner*innen kamen wieder mehr ins Konzert und waren gwundrig auf Neues und auch die Zusammenarbeit mit Behörden und Sponsoren lief viel besser als gemeint.
In fünf kurzen Filmen (aufgenommen von Gabriela Kaegi) schaut Mario Venzago auf seine elf Jahre in Bern zurück, erzählt von seinen Anfängen, was er an diesem Orchester liebt, was er an der Stadt liebt – und warum er, jetzt bei seinem Abschied, lieber doch keinen Koffer hier stehen lässt.
Im vierten Film (mp4 84 MB) erzählt er, warum Bern viel besser ist als sein Ruf und wo das schönste Klo der Stadt steht.
Im letzten Film erzählt er, wie er von Bern Abschied nimmt, was offen bleibt – und weshalb er dennoch keinen Koffer stehen lässt.
Mario Venzago über Schumann, Brahms, Schubert und Bruckner
Antworten auf Nach-Fragen von Doris Lanz
Anfang März 2021 traf ich Mario Venzago zu einem Gespräch, in dem es hauptsächlich um zeitgenössische Musik ging. Nur kurz und ‹off the record› streiften wir auch Schubert und Schumann. Doch die Themen drängten und verlangten mehr Raum. Drei Monate später griffen wir sie wieder auf und erweiterten sie auf Brahms und Bruckner. Mehr (PDF 178 kb)
Staunen über Mario
von Walter Kläy
Zum ersten Mal hörte ich den Namen Mario Venzago in der Mitte der 1970er Jahre. Damals als Pianist auf einer LP mit zwei Werken des wenig bekannten österreichischen Romantikers Heinrich von Herzogenberg (1843-1900). Dessen Trio für Oboe, Horn und Klavier op. 61 und das Quintett für vier Bläser und Klavier op. 43 hatte ich vorher nicht gekannt. Und die Namen Herzogenberg und Venzago zuvor noch kaum je gehört. Was mir aber im Ohr blieb, war die Subtilität, mit der Mario Venzago den Klavierpart spielte. In nächster Zeit sah ich in ihm ein neues Schweizer Klaviertalent. Mein erstes Staunen über Mario.
Das zweite Staunen erlebte ich 1979 an den Internationalen Musikfestwochen Luzern. Mario dirigierte die Festival Strings Lucerne mit einer Uraufführung des Schweizer Komponisten Franz Tischhauser (1921-2016): «Dr. Bircher und Rossini». Tischhausers humoristische Tafelmusik war wie gemacht für Mario Venzago. Er hatte nicht nur ein Streichorchester mit Cembalo und Zubehör (vier Weinflaschen, kleiner Tisch, zwei Hartholzschlägel) zu leiten, sondern das Ganze auch noch zu moderieren, was er mit Charme und Eleganz tat. Den ersten Teil, die Variazioni frugali «Siebenmal Birchermüesli» präsentierte er am Dirigentenpult so: «Montag»… (folgt Musik), «Dienstag»… (Musik), «Mittwoch»…(Musik) usw.
Venzagos Entertainer-Begabung und sein Humor waren offenkundig.
Klassik Blog von Martin Geiser
Wenn ich mir Mario Venzagos Kleiderschrank vorstelle, so sehe ich Regale mit schwarzen Shirts, Hemden und Hosen, schwarze Anzüge schön ordentlich an den Bügeln aufgehängt. Und rote Halstücher! Böse Zungen behaupten sogar, dass er den Schal für ein Bad in der Aare nur widerwillig ablegen würde.
Man hielt in der Bundesstadt den Atem an, als nach zwei Chefdirigenten aus Sankt Petersburg ausgerechnet ein Zürcher im Mai 2010 ankündete, dass das Berner Publikum sich umgewöhnen müsse. Und als in seinem ersten Abokonzert Bruckners Sechste eher nach Schubert als nach dem spätromantischen Meister klang, war ein kritisches Grummeln unüberhörbar, fast so wie ein Kilometer westlich bei den Wappentieren im Bärenpark.
zusammengestellt von Barbara Honegger und Barbara Martig-Tüller